Rückblick - Zappanale #22


Zappanale #22

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» Zappanale #22

Das Sonnenfenster des Regensommers – Lesson Number Twentytwo
Ein Rückblick von Volkmar Mantei

Zappanale #22 auf aaafnraa.de
Ein Rückblick von Burkhard Schempp 

 

Das Sonnenfenster des Regensommers – Lesson Number Twentytwo

Mensch, dieser Sommer! April – April – April! Das Sonnenfenster des Regensommers lag genau richtig, wenn am Freitagabend auch Konzerte auf spätere Termine verschoben wurden, auf Grund des heftigen Sturmes. Das Festival hatte damit Anlaufschwierigkeiten, die gut gemeistert wurden, sich anschließende großartige Shows stellten dieses Windloch zuletzt in den Schatten. Der Sturm kam nicht wieder. Sonnabend und Sonntag herrschte schönster Sonnenschein.

Schon am Mittwoch gab es erste Konzerte, spielte sich das Festival ein. Mit „Hot Fur“ war das erste Mal eine Band aus Israel auf der Zappanale, „Oozing Goo“ donnerten ihren keyboardtonnenschweren Progressive Rock’n’Roll ins verdatterte Auditorium. Fritz Rau hatte auf Grund eines Todesfalles in der Familie absagen müssen, aber im Bad Doberaner Kamp Kino und auf dem Festivalgelände liefen alle anderen geplanten ‚Extra Events’. Donnerstag standen „Zappnoise“ aus Stralsund auf der kleinen Bühne, und trotz einiger Programm-Änderungen kamen sie alle dran: „SoundSchleuder“, „Evil Dick“, „Tonlast“, „Die Reise“.

Freitag um 13:00 Uhr war Jim Cohen-Zeit, der stete Zappanale-Conferencier und erfrischende Zappatexterläuterer könnte eine Fernsehshow machen, das Zeug dazu hat er. Und stiege er am Sonnabend um 13:00 auf die Bühne des Kamp Theaters, so hätte mehr Festivalpublikum die Chance, seine bildreichen, verblüffenden Ausführungen zu genießen.

Der niederländische Journalist Co de Kloet hat nicht nur eine eigene 24-Stunden-Sendung, er hat mehrfach Frank Zappa, Captain Beefheart und Musiker der Mothers of Invention interviewt und Interviews in seiner Radiosendung ausgestrahlt („Supplement“), Donnerstag Abend hatte er viel Zeit, darüber (und mehr) zu berichten.

Parallel zum Festival gab es in Bad Doberan am Markt 3 wieder interessante und unbedingt sehenswerte Ausstellungen. Zu sehen waren Arbeiten des deutschen Malers Lothar Taube, des Österreichers Helmut King -  alter Bekannter der Zappanale, Carlos Zerpa aus Venezuela und des allseits wohl bekannten Cal Schenkel.

Ab Freitagmittag auf dem Festivalgelände: das Beste: Musik. Terence Hansen spielten ihre Sets, danach hatte der heftige Sturm das Sagen. Die Festivallaune ließ sich kaum jemand verderben und siehe da – am späteren Abend ließ das Lüftchen nach und die Bühnen wurden wieder bespielt. Zuerst gab Essra Mohawk ein zu ausgedehntes Konzert. Die von FZ als ‚Uncle Meat’ bezeichnete Dame war einst die erste und einzige Mother. Auf der Zappanale spielte sie überwiegend liedhafte Songs und Blues. Als sie begann, ihren einstigen Chef zu covern, kam Bewegung in das Publikum, das kaum erwarten konnte, endlich ‚seinen’ Zappa zu hören.

Doctor Nerve aus New York, die über das Kickstarter-Projekt ‚Send Dr. Nerve to the Zappanale’ angereist waren (http://www.youtube.com/watch?v=g0uwX441t8Q), fielen um 17 Uhr aus, meinten aber, auch nachts um zwei Uhr zu spielen, was sie auch taten, aber vor relativ wenig Publikum, der Anreisetag hatte das Gros der Meute früher ins Bett geschickt. Am folgenden Tag gaben die Avantgardisten um Nick Didkowsky auf der Truck Stage, der kleinen Bühne, ein zweites Konzert, und endlich konnte das ausgeruhte Publikum das krass verrückte Programm der Free Jazz Metal Freaks entzückt genießen. Leider gab es eine fast vollständige Überschneidung mit „Jono El Grande“ auf der Main Stage, dessen zappaeske Eigenkompositionen nur unbedingt zu empfehlen sind (nicht weniger als Doctor Nerve!).

Und: am Freitagabend war nach Essra Mohawk, die mit dem extravaganten Künstler Sandro Oliva auf der Bühne stand, nicht Schluss! Njet. Project/Object des begnadeten André Cholmondeley gab ein grandioses Zappa-Set. Mit dabei: Ike Willis und Ray White. Wer von denen, die mit Zappa spielten, stand noch auf der Bühne: Robert Martin. Zudem Chris Opperman, der selbst bereits einige Alben unter eigenem Namen veröffentlichte, am Sonntag mit eigenem Set auf der Bühne stand, begnadeter Komponist ist. Leider zum Teil parallel dazu traten die„The Yellow Snow Crystals“ ab 21 Uhr auf der Truckstage auf, wo sie das Publikum begeisterten.

Jono El Grande spielten am Sonnabend auf der Main Stage, wie gesagt, zeitgleich mit dem zweiten Set von Doctor Nerve (Truck Stage). Ihr erfrischendes Konzert rasanter Songs war nach The Vegetarians, die Progressive Rock frei nach Schnauze coverten und dabei viel Spaß und seltsame Plattheit bewiesen, DIE Steigerung des Tages, der noch ein paar weiteres folgen sollten. So interessant das weitere Geschehen auf der kleinen Bühne auch sein sollte, auf der Hauptbühne schlug nun ein großer Act den nächsten. Die Schweizer Fido Plays Zappa haben nicht nur mit Yolks Schlagzeuger Remy Sträuli, Stef Strittmatter (g) und Oli Friedli (p) geniale Musiker im Line-Up. Ihre Zappa-Coverversionen machten erstklassigen Eindruck, zudem hatten sie die richtige „Rampensau“ (Pardon!) vorn am Bühnenrand, Dave Muscheidt („Prog-Nerd“) ist für seine Position unheimlich begabt!

Colosseum im Anschluss: das dies noch zu erleben war! Die alten Hasen haben Rockgeschichte geschrieben, in dieser Band, zahllos weiteren, und zudem ein Jeder auf seine Weise. Die großartige Barbara Thompson ersetzt Dick Heckstall-Smith (R.I.P.) wundersam und die alten Herrschaften, so betagt sie aussehen, ROCKEN ungemein. Chef Jon Hiseman spielte (wie stets) ein bretthartes Schlagzeugsolo, als bewerbe er sich bei Metallica. Und hier und da waren ein paar Tränen in bewegten Altrockergesichtern zu entdecken…

Raoul Petite, in Frankreich eine Institution, in Deutschland nahezu unbekannt, musste gesehen werden. Ihr Konzertreigen setzte voll auf Show. Partytime! Allerlei Popmusikstile machten miteinander: Reggae, Ska, Rock, Pop, Jazz, Metal, Folk. Die Damen und Herren zogen sich ständig um und präsentierten pausenlos abgedrehte Schräglagenparodien. Vor allem: lustig!

Ganz anders Lazuli am Ende des Konzerttages. Der epische Breitwandsound der runderneuerten Band donnerte gewaltig in die begeisterte Meute. Sänger Dominique Leonetti sagte die Songs, vom Zettel ablesend, in deutscher Sprache an. Nett. Bis in den frühen Morgen hinein spielten sie Song auf Song und das Auditorium vor der Bühne wurde nicht kleiner. Begeisterung bis zum späten Ende.

Wie sollte der Sonntag das toppen können? Zuerst einmal stand Gary Lucas mit akustischem Soloprogramm auf der Bühne, später auf der Truck Stage ein weiteres Mal. Der „Gitarrenheld des denkenden Menschen“ spielte Blues und verspielte Skalen auf ganz unnachahmliche Weise und nicht wenige im Publikum erinnerten sich dabei an Captain Beefheart…

Evil Dick“ bewies einmal mehr die Vielseitigkeit des Programms. Die (klar doch) ungewöhnliche Band sitzt irgendwo zwischen Jazz, Neuer Musik und Boogie. Im Anschluss gab es den politischen Faktor. Die tschechische Band „The Plastic People Of The Universe“ waren zu kommunistischen Zeiten mehr verboten als erlaubt, gaben Konzerte in Privatwohnungen (!), sammelten die intellektuelle Elite um sich (u.a. Vaclav Havel) und veröffentlichten mit eher schlechtem Sound ausgestattete Kassetten, die nun längst auf CD zu haben sind und vor allem beweisen, das Geschichte sich nicht wiederholen lässt. Ihr Programm war eingängig und liedhaft, ähnlich schlicht wie das von Essra Mohawk am Freitag. Zeit zum Entspannen.

Chris Opperman kam ENDLICH am Sonntag um 16 Uhr auf die Bühne. Mit Project/Object als Begleitband spielte der erstklassige Komponist, der zwischen den musikalischen Welten lebt, Rock, Jazz, Pop und Klassik auf eigene, progressive Weise erdenkt und schreibt, neue Versionen von Songs besonders seines ersten Albums „Oppy Music Vol. 1“ und des aktuellen Werkes „The Lionheart“. Vertrackte Musik! Oppy ist kein Bühnenmensch, und doch, nicht zuletzt mit der großartigen Hilfe der Band um André Cholmondeley, war die Magie seiner Arbeit intensiv zu spüren.

Die folgende Umbaupause war lang. Und noch der Soundcheck des Geigers klang gewöhnungsbedürftig. Doch als das Konzert startete, brachen alle Dämme. Eddie Jobsonbewies Lockerheit und Humor, die anfängliche (britische) Steifheit fiel von ihm ab, die Band zelebrierte (ZELEBRIERTE!) Progressive Rock vom Feinsten. Klassiker von UK waren zu hören und Eddie Jobson spielte seine Geige, dass sie klang wie ultraharte Gitarre. Marco Minnemann am Schlagzeug (noch so ein extravagantes Schlagzeugsolo: niemand kann Schlagzeugsoli leiden und doch war das Auditorium begeistert und ging in seiner frischen, lockeren Performance mit) hatte sich Bruford (UK) intensiv angehört und in seinen Stil übersetzt, der Sänger klang wie John Wetton, ach was, totale Begeisterung, nicht zuletzt mit King Crimsons „Red“, und Gitarrist Alex Machacek war stets göttlich. Sie holten großartige Klassiker auf die Bühne, Gänsehaut wanderte über entzückte Haut. Damit nicht genug, längst nicht. Das ungemein kurzweilige Konzert fand seine weitere Dimension, als Ike Willis und Ray White zur Band stießen und alle zusammen Zappa intonierten. Eddie Jobson blieb locker, als Project/Object Chef André Cholmondeley den Zappa gab und Band wie Publikum dirigierte, da waren schon Chris Oppermann und seine Geigerin (!) on stage und lange, lange lief die Show, die viel zu schnell zu Ende ging.

Damit aber nicht das Festival. Auf der kleinen Bühne, der Truck Stage, war nicht Schluss. Und richtig: was ist mit der Hausband der Zappanale, dem Jazzprojekt Hundehagen? Bislang waren sie nicht zu hören gewesen, nur Gitarrist-Zwilling Käckenmeister war während Chris Oppermans Konzert als kurzzeitiger Gast während eines Zappa-Stückes auf der Main Stage gewesen. Doch da waren sie nun: zu viert, ohne Geiger, Jazz-Rock-Jam in Gluthitze, und wie es schien, so anlockend, dass Ike Willis, Eddie Jobson und … zu ihnen auf die magere Bühne stapften und wie im Fieber weiter machten. Dann stiegen die Sterne zum Himmel auf.

2011 wurden im Vorverkauf weniger Karten verkauft als in den Vorjahren, ob der Dauerregen potentielle Festivalbesucher verschreckt hatte, ist müßig anzunehmen. Eddie Jobson sprach auf der Bühne davon, dass er das erste Mal seit über 30 (!) Jahren wieder in Deutschland spielte – das konnte nur auf der Zappanale sein! Im Nachgang erklärte Jon Hiseman, Schlagzeuger und Chef von Colosseum, dass die Band nicht mehr auf Tour gehen würde. Seine Frau und Saxophonistin Barbara Thompson ist an Parkinson erkrankt, was die – in Ehren alt gewordene – Band in den Ruhestand führt. Das Konzert auf der Zappanale 22 im Jahr 2011 war das letzte der Band überhaupt.

Und zuletzt: der Countdown lief an: noch 364 Tage…

VM

 

Zappanale #22 auf aaafnraa.de

Zunächst: Diese Zappanale war für mich ein tolles Musikfestival, bei dem manchmal auch ein wenig Zappa´s Musik zu hören war. Insgesamt eine ungewöhnliche Zappanale, die reich an Höhepunkten, mir jedoch viel zu wenig Zappanale war. Zappnoise am Donnerstag auf dem Kamp und The Yellow Snow Crystals, Project/Object und Fido Plays Zappa an der Rennbahn: das sind schlappe vier Bands, die sich Zappa´s Musik widmeten. Dazu kamen ein paar wenige Titel, die von den anderen Bands in deren Repertoire eingebaut wurden.

Aber: Das ist auch schon der einzige Kritikpunkt, den ich anbringen möchte. Das sonstige Programm war bunt, zappaesk, schräg und absolut überzeugend. Da war zunächst das phantastische Konzert von Colosseum, dann die sehr unterhaltsame Show von Raoul Petite, mich völlig überzeugende Vegetarians, Chris Opperman und Terence Hansen, die wahnsinnige Crew von Doctor Nerve und natürlich die Dadaisten von Jono El Grande. Spaß machte auch die originelle Show von Tante Tofu, die sich mit ihrer Revue auf ganz eigene Art und Weise dem Thema Zappa widmeten. Der Headliner Eddie Jobson war tatsächlich einer, The Plastic People Of The Universe waren zunächst gewöhnungsbedürftig, überzeugten mich dann aber doch.

Zu poppig und glatt fand ich Essra Mohawk´s Auftritt, es war aber toll, mal Sandro Oliva zu erleben. Aufgrund des Internetauftritts von Hot Fur hatte ich mir wesentlich mehr von ihnen versprochen. Lazuli wiederholten leider Einiges von ihrem Programm, das sie vor zwei Jahren ablieferten. Tja ... und Gary Lucas überzeugte an der Gitarre.

Die Ausstellung war wieder einmal liebevoll gestaltet. Schön war das Wiedersehen mit Helmut King, der nun schon zum dritten Mal mit einigen Exponaten vertreten war. Insgesamt war diese Zappanale auf jeden Fall die Anreise Wert, nicht zuletzt, weil es wieder einmal eine tolle Gelegenheit war, all die Leute zu treffen, die sich Jahr für Jahr hier herzlich in die Arme fallen und gemeinsam “ihr” Festival abfeiern. Schön, dass es sowas gibt...

Noch ein letztes Wort zur Truckstage: Nach der Zappanale #21 hatte ich mich ja etwas kritisch dazu geäußert und ich war bestimmt kein Anhänger des Programms, das dort geboten wurde. Aber was ging denn hier diesmal ab? Doctor Nerve, Hot Fur mit Robert Martin, Gary Lucas und Bands, die mit ihrem Programm nicht unterschiedlicher hätten sein können: Revue, Rock etwas härterer Gangart, Easy Listening, Sessions usw. (Panama Picture, Ellenschneider, Tante Tofu, Glasscage, Die Reise) - das war ja richtig
gut... Das fanden übrigens auch viele der Festivalbesucher. Voll war es vor der  Truckstage immer.

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